Ina Geißler

Unterton

2011

Aufgabe: es soll eine künstlerische Intervention für den ehemaligen Haupteingang des Martin-Gropius-Baus, Berlin entstehn. Gleichzeitig soll der Platz dadurch Belebung erfahren.

Unterton ist eine permanente Klanginstallation für den südlichen Vorplatz des Martin-Gropius-Baus. Das unterschwellige Eigenleben des seit der Wende eher unbelebten Platzes vor dem ehemaligen Haupteingang des Gebäudes wird betont.

Die Personen, die über den Platz gehen, lösen durch ihre Bewegung verschiedene Klangbilder aus. In acht radial auf der Platzfläche angeordneten Gully-Schächten sind Magnethämmer montiert, die gegen die gusseisernen Schachtabdeckung­en klopfen. Sensoren einer Bilderken-
nungssoftware melden Bewegung innerhalb des Umfeldes der acht Gullys und den Mittelpunkt des runden Platzes. Betritt ein Passant einen dieser Bereiche, ak­­ti­­­­­viert er einen dem jeweiligen Bereich zugeordneten, kurzen Rhythmus. Diese Phase der direkten Steuerung des Kunst-
werkes bricht ab, sobald der Passant den aktivierten Bereich wieder verlässt.

Verweilt der Passant länger im Mittelpunkt des kreisrunden Platzes, so wird die Phase der direkten Steuerung abgelöst durch die Eigendynamik bestimmter sich aus-
dehnender Klangbewegungen. Geometrische Muster (Krei-
se, Sterne, Wellen) werden durch Auflösungen, Verdichtungen, Gleichklänge, Echos, Verlangsamungen und Be-schleunigung von Rhythmen zu räumlich erfahrbaren Klangbildern.

"Wegen der Nachbarschaft zum ehemaligen Stasi-Abhörstandort und zu den freigelegten Resten der Gefängnis-und Folterräume in den Kellern der Gestapo-Zentrale ist es bei der unterirdischen Herkunft der Klopfgeräusche kaum möglich, Gedanken an die Geschichte auszublenden und die historische Komponente neben der zeitenthobenen poetischen zu übersehen –
beziehungsweise zu überhören."
(Martin Seidel: Ausgewählte Kunst-am-Bau-Projekte des Bundes 2006–2012, in: Kunst am Bau. Projekte des Bundes 2006 bis 2012)