Thomas Eller

MATRIX>>>MOSAIC>>FAÇADE, 3. Preis (nicht realisiert)

2012

Inhaltlich-künstlerisches Konzept

Betritt man den Hof des Schulgebäudes des Bundesnachrichtendienstes in Berlin sieht man schon aus den Augenwinkeln, dass etwas sich bewegt. Oder zumindest ist das der Anschein. Der prominent in der Mittelachse des Hofraumes platzierte Turm, der die Aufzüge des Schulgebäudes birgt, vollzieht bildnerisch deren „vertikale Funktion“ nach.
Auf der dem Hof zugewandten Wand befindet sich ein Bild, das die Fassade der umliegenden Architektur aufnimmt. In einer 1:1-Simulation aus Mosaiksteinen sieht der Betrachter eine visuell „beschleunigte“ Version der Klinkerarchitektur des Architekturbüros Lehmann. Im Computer wurde ein virtuell nachgebaute Fassade so bearbeitet, dass sie „Bewegungsspuren“ aufweist, als ob sich das Haus aus sich heraus bewegte. Das ist nur möglich, wenn man Realität in Information umbaut und aus Information eine neue Ordnung von Realität entsteht. Das vorgestellte Projekt entwirft also eine Matrix (in Mosaik) für eine mögliche Erscheinungsform von Realität. In einer Bildauflösung, die ungefähr dieselbe Menge an Bildpunkten hat wie ein Computerbildschirm (nur auf viel größerer Fläche), entsteht die Realität einer aus Mosaiksteinen gebauten, elektronischen Pixelwelt. Eine der ältesten Bildtechniken, Mosaik, wird verwendet um modernste Informationstechnik in einer Behörde, die dem zweitältesten Gewerbe (wie manche sagen) gewidmet ist, zu präsentieren.
Mögliche Realitäten, Informationen, Erscheinungsformen und dynamische Entwicklungen, die sich auf den unterschiedlichsten Oberflächen abbilden, sind Gegenstand auch der Beschäftigung innerhalb des BND. Der Blick hinter Fassaden, oder die Produktion neuer Fassaden gehört auch dazu.
Darüber hinaus – eine weitere Dimension des Vorschlages will vorsichtig angesprochen werden: Der BND hatte die USA vor mehr als 10 Jahren vorgewarnt, informiert über eine bevorstehende Bedrohung, die seinerzeit in den USA in den Wind geschlagen wurde. Um es anders zu sagen – wenn Fassaden in Bewegung kommen, ist es immer brandgefährlich. Der vorliegende Entwurf erinnert deswegen auch auf subtile Weise an 9/11, wird aber visuell so in der Schwebe gehalten, dass die Katastrophe nicht eintritt. Zwischen Dynamik und Katastrophe findet der Entwurf einen Zustand, der beides beinhaltet und das Ergebnis so offen lässt, dass wir (als Betrachter und Subjekt) immer noch eine Chance haben.


Bild und Architektur

Wie sehr das Feld zwischen Bild und Architektur einer genaueren künstlerischen Bearbeitung bedarf, zeigt gerade das in Berlin oft gesehene Paradoxon, wie zum Beispiel am Leipziger Platz. Das städtebauliche Oktogon wird seit Jahrzehnten nur dadurch zusammengehalten, dass vom Betrachter verlangt wird dort, wo gedrucktes Bild in den Raum gestellt ist, ein Haus zu vermuten. Dieser Sprung aus einer Realitätsebene in die nächste, soll ausgeblendet bleiben und Bild mit Haus identisch werden. Natürlich gelingt das nicht wirklich und der Leipzigerplatz verharrt in einem seltsamen Limbo.
Was man als Künstler daran lernen kann, ist, dass das Berührungsfeld zwischen Bildraum und Architekturraum ästhetisch überarbeitet werden muss. Durch eine „Beschleunigung der Bildinformation“ im vorgelegten Entwurf wird die Künstlichkeit einer 1:1-Simulation augenfällig und die Bildhaftigkeit von Architektur manifest: Bildraum und Architekturraum überlagern sich im Format 1:1 und verschmelzen in einer hybriden neuen Realitätsebene, die man Archipiktur nennen könnte (wenn es nicht so kitschig wäre).

Technische Angaben

Die Fassade des Aufzugturms zum Innenhof des Schulgebäudes des BND hin ist xx Meter hoch und xx Meter breit und wird in einer 1:1-Version im Computer nachgebaut.
Die einzelnen Pixel des elektronischen Bildes werden später in der realisierten Wandarbeit durch Mosaiksteine im Format 1,5 x 1,5 cm repräsentiert. Durch diese Auflösung lassen sich die verwendeten Materialien und Elemente, wie Klinkersteine, Fugen, Metallfelder und Rahmen ausreichend detailreich abbilden. Auf diese Art und Weise entsteht ein Bild in Mosaiktechnik mit einer Gesamtauflösung von 1550 x 325 Bildpunkten, resultierend in 503.750 Mosaiksteinen (ca. 3dpi). Die chromatische Streuung der Mosaiksteine umfasst ein Spektrum von 35 – 40 Farbwerten. Dadurch entsteht eine farbliche Abstraktion weg vom abgebildeten Gegenstand. Das Mosaik wird dauerhaft auf der gesamten Höhe und Breite der Stirnwand des Aufzugsturms angebracht und wiegt ca. 8 – 9 kg/m2, bei einer Gesamtfläche von 137 m2 also insgesamt zwischen 1096 bis 1233 kg.