Conrath/Kreißler

Das (beinahe) fliegende Klassenzimmer

2015

Angesichts der wenig variablen räumlichen Verhältnisse, der überkommenen Ausstattung an 
Mobiliar sowie der etatbedingt frostigen Situation des Herder-Gymnasiums in Lichtenberg wäre es wünschenswert gewesen, für die Schülerinnen und Schüler im Rahmen eines Kunst-am-Bau Wettbewerbs emotional inspirierende und intellektuell anregende Situationen nicht nur symbolisch sondern auch tatsächlich schaffen zu können. Allein, dafür fehlen die finanziellen Mittel. So wurden die in der Ausschreibung zur Verfügung gestellten wenigstens beispielhaft verwendet, um für ein Klassenzimmer (das von der Schule zu bestimmen wäre) eine modellhafte Grundausstattung und Gestaltung zur Verfügung zu stellen.


Die Gesamtgestaltung sieht dafür folgende Elemente vor:

1. Das Mobiliar. Das vorhandene, alte wird ersetzt durch drei runde, teilbare (ø 160 x 72 cm) und acht wellenförmige Tische (160 x 80 x 72 cm; beides: Modell SoooRounD in blau und weiß mit je zwei Rollen), die puzzleähnlich in vielgestaltigen Formationen miteinander kombinierbar sind (siehe Grundrisse). Bis zu 30 Schülerinnen und Schüler finden so Platz. 30 stabile, stapelbare Formholzstühle (45,5 x 83 x 50 cm, Sitzhöhe 44,5 cm) in neun verschiedenen Farben (Modell Akzent) komplettieren die Einrichtung. Die vorhandene Tafel wird ersetzt durch eine mehrfarbige. Das neue Mobiliar ist für den Schulgebrauch geeignet und ist stabil und strapazierfähig konstruiert.

2. Die Wände und die Decke. Die beiden kopfseitigen Wände (5,6 x 3 m) sowie die Seitenwand zum Flur (4,5 x 3 m) werden mit bedruckten Tapeten ganzflächig gestaltet. Als Grundmotive finden sich perspektivische Außendarstellungen des Baukörpers der Schule, die mit onomatopoetischen Begriffen, Autoantonymen, Elementen aus der Jugendsprache, aus Comics, Graffitis, SMS-Kurznachrichten sowie allgemeinen Hinweistafeln ergänzt werden. Hierfür wurden fiktive Dialogsituationen gewählt, die sowohl die Positionen der Schülerinnen und Schüler als auch die der Lehrerinnen und Lehrer wiedergeben. Miteinander verschränkt, entsteht so ein Bild, in dem Außen und Innen, öffentlicher Raum und Klassenzimmer, Lehre und Kommentar einander bedingen und fortschreiben. Einzelne Elemente, welche die Begrenzung einer Wandfläche überragen, werden malerisch an der Decke fortgesetzt. Die im Plan gezeigte Wandbildfassung versteht sich beispielhaft als Entwurf, nicht als bereits fertige Werkzeichnung.
Die Wand zum Flur erhält vor dem Tapezieren einen vollflächigen Anstrich mit einer Farbe 
(MagPaint, Zulassung nach EN71-3 auch für Kinderspielzeug), welche die Wandfläche auch nach 
dem Tapezieren magnetisch nutzbar macht. So können sowohl die Schülerinnen und Schüler Texte und Motive des Wandbilds ergänzen (z.B. durch Übersetzungen), wie auch Lehrerinnen und Lehrer diese Fläche zu Unterrichtszwecken temporär nutzen können. Hierfür können einfache, handelsübliche Magnete verwendet werden (siehe Materialprobe). Nach Absprache können auch Teilflächen der Kopfwände so beschichtet werden.


Insgesamt erhält der Raum die Atmosphäre eines Laboratoriums, in dem kombinierbare und aufeinander beziehbare Elemente nach neu zu findenden Ordnungen unterschiedliche Unterrichtsformen ermöglichen. Die Grundrisse demonstrieren, dass auch im kleinen Gruppenunterricht nicht benötigte Möbel – beiseite gestellt – nicht aus dem Raum entfernt werden müssen. Die Unterrichtsform kann somit an der Klassenstärke ausgerichtet werden.